Transparenz für den Wiener Wohnungsmarkt

Der Wiener Wohnungsmarkt – Bericht zum 2.Quartal 2024

Das 1. Halbjahr 2024 ist vorbei und wir freuen uns auch diesmal als erstes Analystenhaus unsere Auswertungen über die Entwicklungen auf dem Wiener Wohnungsmarkt präsentieren zu können.

Wie üblich greifen wir hierfür auf die Regressionsmethodik unseres IMMOkalkulators zurück, welche neben klassischen Durchschnittsauswertungen einzelner Marktsegmente auch die Darstellung der Miet- und Kaufpreisentwicklung konkreter Wohnungen sowie des Verhandlungserfolgs zwischen Angebots- und Abschlusspreisen ermöglicht. Hierbei freut es uns besonders, dass wir in diesem Quartal so viele Abschlussdaten sammeln konnten, dass auch ein grober break down auf die einzelnen Segmente möglich ist.  

Konsequenterweise haben wir uns entschieden dieses Mal ein paar kleinere Umstellungen vorzunehmen.

So starten wir mit einer Analyse der Entwicklung der Miet- und Kaufpreise der einzelnen Marktsegmente und gehen hierbei auch auf Marktangebotsveränderungen des Segments und den aktuell in diesem Segment zu erwartenden Verhandlungserfolg ein.

Im zweiten Schritt sehen wir uns die Markttiefe sowohl hinsichtlich der Angebote als auch hinsichtlich der tatsächlichen Transaktionen an.

Am Ende unseres Berichtes fassen wir den Status quo zusammen und geben einen Ausblick auf die Entwicklungen im restlichen Jahr 2024.

Beginnen wir unsere Analyse zunächst mit den Altbauten.

Obige Grafiken stellen die Entwicklung der Miet- und Kaufpreisangebote pro m² Wohnnutzfläche für Wiener Wohnungen dar, welche der Altbaudefinition des MRG genügen und somit dem Richtwertmietzins unterliegen.

In den inneren Bezirken sehen wir einen sehr geringfügigen Rückgang der angebotenen Kaufpreise auf ein Niveau von rund EUR 7.000 / m² (brutto). Bei genauerer Analyse zeigt sich, dass die meisten Bezirksteile seitlich verlaufen, und nur vereinzelt bereits sehr teure Bezirksteile leicht zurückgehen. Der Verhandlungserfolg, definiert als Differenz zwischen zu erwartendem Angebotspreis und Abschlusspreis, lag in unserem Sample der inneren Bezirke bei 13% (statistisch nicht signifikant). In Summe sehen wir bei den Altbaukaufpreisen der inneren Bezirke im Durchschnitt einen geringen Preisrückgang gg. dem Vorquartal, der jedoch von wenigen (überteuerten) Grätzeln getrieben ist. In den allermeisten inneren Bezirksteilen blieben Angebots- und Abschlusspreise in diesem Segment gleich.

Die angebotenen Netto-Mietpreise stiegen deutlich auf ein Niveau von knapp EUR 13,5 / m². Auch hier zeigt eine detailliertere Analyse, dass die Mietpreise für Altbauwohnungen in den meisten inneren Bezirksteilen im mittleren einstelligen Segment steigen und in den schwächer performenden Bezirksteilen zumindest stabil bleiben. Da der Verhandlungserfolg von Mieten gerade im Altbau konstant gegen Null geht, lässt sich sagen, dass die Mieten in diesem Segment im abgelaufenen Quartal tatsächlich um rund 5% gestiegen sind.

In den äußeren Bezirken sehen wir ebenfalls einen sehr geringfügigen Rückgang auf ein Niveau von rund EUR 5.000 / m² (brutto). Bei genauerer Analyse zeigt sich, dass auch dieser Rückgang auf Angebotsqualitätsveränderungen zurückzuführen ist und die um Qualitätsveränderungen korrigierten Angebotspreise faktisch seitwärts verlaufen. Der in den äußeren Bezirken traditionell höhere Verhandlungserfolg lag in unserem Sample bei 18,4%. In Summe lässt sich für das Segment zwei Aussagen treffen. Zum einen sind die realen Altbaupreise im abgelaufenen Quartal nochmals geringfügig gefallen, Zum anderen wird auch das Angebot qualitativ immer schlechter. Wir interpretieren dies so, dass viele Entwickler gezwungen sind unsanierte Altbauwohnungen in den äußeren Bezirken zu verkaufen, da sie für eine Bestandssanierung keine Finanzierung erhalten.

Ein ähnlicher Effekt ist auch bei den Mieten zu beobachten. Auch hier sieht man, dass die angebotenen Netto-Mietpreise auf knapp EUR 10 / m² gefallen sind. Und auch hier zeigt eine genauere Analyse, dass die um Qualitätsveränderungen korrigierten Angebotspreise sogar um rund 3-4% gestiegen sind. Folglich kam es auch hier zu einer massiven Veränderung der Angebotsqualität. So werden offensichtlich im großen Umfang baufällige Altbauwohnungen, welche mit dem Ziel einer Sanierung und eines anschließenden Verkaufes gekauft wurden, nun doch günstig vermietet, um wenigstens einen Beitrag zur Abdeckung der Zinsen zu lukrieren.

Kommen wir somit zum Segment der etwas älteren Neubauten, also jener Immobilien, die zwar nicht die Altbaudefinition des MRG erfüllen, jedoch vor 2020 gebaut wurden und somit nicht mehr ganz neu sind.

In den inneren Bezirken sehen wir einen Rückgang der angebotenen Bruttokaufpreise auf ein Niveau von rund EUR 6.500 / m². Ähnlich wie zuvor bei den Altbauten zeigt auch hier eine genauere Analyse, dass die Entwicklungen in den meisten Bezirksteilen seitlich verlief und nur wenige (überteuerte) Bezirksteile ihren Beitrag zur Reduktion des Gesamtsegmentes beitrugen.  Allerdings stieg der Verhandlungserfolg für ältere Neubauten (eine spezifische Auswertung für die inneren Bezirke liefert keine verwertbaren Ergebnisse) nochmals an und lag in unserem Sample auf einem Niveau von 22,2%. In Summe lässt sich somit konstatieren, dass die Preise in diesem Segment im abgelaufenen Quartal nochmals um 4% gefallen sind.

Die Mieten stiegen geringfügig auf ein Niveau von EUR 13,8 / m² an (durchschnittlich rund 2-3%), ein Trend, der auch bei genauerer Analyse bestätigt werden kann.

In den äußeren Bezirken sehen wir eine Seitwärtsbewegung der angebotenen Kaufpreise. Das Bild bestätigt sich bei genauerer Analyse. Allerdings stieg der Verhandlungserfolg für ältere Neubauten nochmals an und lag in unserem Sample auf einem Niveau von 22,2%. In Summe lässt sich somit konstatieren, dass die Preise in diesem Segment im abgelaufenen Quartal nochmals um 4% gefallen sind.

Bei den Mieten zeigt sich, dass zwar der Gesamtmarkt auf einem Niveau von EUR 13 / m² seitlich verlief, die qualitätsbereinigten Mieten jedoch geringfügig (rund 2%) anstiegen. In abgeschwächter Form dürfte auch hier gelten, dass Wohnungen vorübergehend unsaniert vermietet werden.

Kommen wir somit zum jüngsten Segment, jener Wohnungen, die seit 2020 fertiggestellt wurden.

In den inneren Bezirken sehen wir eine Seitwärtsbewegung der durchschnittlich angebotenen Bruttokaufpreise auf einem Niveau von rund EUR 8.200 / m². Im Zuge der Detailanalyse lässt sich erkennen, dass die meisten Bezirksteile geringfügig ansteigen, wogegen sehr teure Bezirksteile etwas zurückgingen. In unserem statistisch nicht signifikanten Sample konnten wir für dieses Segment keinen Verhandlungserfolg erkennen, sodass die Aussage auch für die tatsächlich erzielten Preise in diesem Segment gilt. Allerdings ist die Anzahl der verkauften Wohnungen in diesem Segment sehr gering, wie wir später noch sehen werden.

Die angebotenen Nettomieten stiegen im mittleren einstelligen Prozentbereich auf ein Niveau von rund EUR 15,6 / m². Auch hier verfälscht der Verhandlungserfolg die Aussage nicht signifikant.

In den äußeren Bezirken sehen wir ebenfalls eine Seitwärtsbewegung der durchschnittlich angebotenen Bruttokaufpreise auf einem Niveau von rund EUR 6.500 / m². Auch hier konnten wir in unserem Sample keinen Verhandlungserfolg nachweisen, sodass die Tendenzaussage auch für die tatsächlich erzielten Preise in diesem Segment gilt.

Die angebotenen Nettomieten stiegen auch in diesem Segment im mittleren einstelligen Prozentbereich auf ein Niveau von rund EUR 14,6 / m². Auch hier verfälscht der bei Mieten traditionell sehr niedrige Verhandlungserfolg die Aussage nicht signifikant.

Sehen wir uns nun die Markttiefe an und beginnen wir mit dem Abverkaufssegment.

In der nachfolgenden Grafik haben wir die Anzahl der gefundenen Angebote nach Eliminierung von Doppelinseraten über einen Zeitraum von 2,5 Jahren dargestellt.

Wir sehen ein deutliches Absinken des Angebotes im Jahr 2023 gefolgt von einem Wiederanstieg im heurigen Jahr.

Nachfolgende Grafik zeigt die tatsächlichen Wohnungsverkäufe.

Datenbasis ist das österreichische Grundbuch, von welchem wir am 31.03.2024 und 30.06.2024 die Anzahl der Wohnungskaufverträge mit Kaufvertragsdatum zwischen 1.01.2023 und 30.06.2024 gezogen haben.

Auffallend ist hierbei zunächst die relativ lange Zeitdauer zwischen Kaufvertragsabschluss und tatsächlicher Eintragung. So waren beispielsweise am 31.03.2024 zahlreiche Kaufverträge aus Dezember 2023 noch nicht verbüchert, sodass wir diese nun nachgetragen werden (siehe roter Balken in nachfolgender Grafik).

Auf Basis der durchschnittlichen zeitlichen Verzögerung beim Eintrag haben wir die Anzahl der noch nicht eingetragenen Verkäufe der einzelnen Monate geschätzt (grüner Balken).

Im Jahr 2023 dürften rund 7.900 Eigentumswohnungen in Wien den Besitzer gewechselt haben. Das Jahr 2024 dürfte im Vergleich zu den Vorjahresmonaten Januar/Februar etwas besser gestartet sein. Auf Basis der bisherigen Verzögerung zwischen Kaufvertragsabschluss und Eintragung sieht es prima vista so aus, als wäre die Anzahl der Transaktionen zuletzt etwas zurückgegangen. Allerdings sind die Schätzungen aufgrund des Ende März verkündeten Entfalls der Grundbucheintragungsgebühr mit zusätzlichen Unsicherheiten behaftet, sodass auch ein seitlicher Verlauf durchaus denkbar wäre. Mehr dazu in unserem nächsten Quartalsbericht.

Widmen wir uns nun der Frage, welche Art Wohnungen am besten verkauft werden.

Regional lässt sich sagen, dass Wohnungen in inneren Bezirken tendenziell etwas leichter verkauft wurden als Wohnungen in äußeren Bezirken. So lagen nur 19,5% der insgesamt angebotenen Wohnungen in den inneren Bezirken, jedoch knapp 27% der tatsächlich verkauften Wohnungen.

Hinsichtlich des Preissegmentes lässt sich sagen, dass gebrauchte Wohnungen bis EUR 300.000. im 1. Halbjahr 2024 mehr als 70% aller Verkäufe ausgemacht haben dürften.

Eine besondere Herausforderung stellt der Verkauf neuer Erstbezugswohnungen dar. Diese repräsentieren zwar mehr als 20% des gesamten Angebotes, aber weniger als 10% der tatsächlichen Verkäufe. Das Gros der verkauften Wohnungen sind Neubauten mittleren Alters.

Der überwiegende Teil der Käufer waren Private, gefolgt von „Kleinentwicklern“, die einzelne Wohnungen kaufen, um diese zu sanieren und weiterzuverkaufen.

Kommen wir somit zum Mietsegment.

Bei Betrachtung der o.a. Grafik zeigt sich, dass das Angebot an frei finanzierten Mietwohnungen seit 2022 dramatisch abnimmt.  

Besonders dramatisch, wenngleich nicht gänzlich unerwartet, ist die Lage im Segment der ganz neuen Mietwohnungen, welchen Mietern als Erstbezüge angeboten werden.

Im ersten Halbjahr 2024 belief sich die Anzahl der angebotenen fei finanzierten Mietwohnung auf nur rund 30% des bereits sehr niedrigen Vorjahresniveaus. Hierzu ist anzumerken, dass im ersten Halbjahr 2024 noch einige größere Wohnungsprojekte fertiggestellt wurden, welche vor der aktuellen Krise gestartet wurden. Es ist somit von einer weiteren Verschärfung dieses Trends auszugehen.

Experten warnen bereits seit längerer Zeit davor, dass der Wiener Wohnungsmarkt aufgrund des Rückgangs bei den Baubeginnen demnächst auf eine akute Wohnungsnot zusteuern wird.  

  • Im Segment Altbau verliefen die qualitätsbereinigten Bruttokaufpreise im Wesentlichen seitlich (innere Bezirke) oder gingen minimal zurück (äußere Bezirke), wobei die Qualität des Angebots in den äußeren Bezirken deutlich abgenommen hat.  Die Mieten stiegen im Q2/2024 um rund 5% an.
  • Im Segment der älteren Neubauten verliefen die qualitätsbereinigten Bruttoangebotskaufpreise in den meisten Bezirksteilen ebenfalls seitwärts, einige wenige bisher sehr teure Bezirksteile wurden günstiger. Allerdings stieg der Verhandlungserfolg in diesem Segment, sodass die realen Bruttokaufpreise rund 4% zurückgingen. Qualitätsbereinigt stiegen die Mieten auch in diesem Segment um rund 3-4% an. Allerdings wurde die Angebotsqualität deutlich schlechter.
  • Im Segment der kürzlich fertiggestellten Neubauten stiegen die Verkaufspreise in vielen Bezirksteilen geringfügig an und gingen in sehr teuren Bezirksteilen etwas zurück, sodass sich in Summe eine Seitwärtsbewegung ergibt. Die angebotenen Nettomieten stiegen im mittleren einstelligen Prozentbereich.
  • Das Angebot an Eigentumswohnungen stieg nach einem Abfall im Jahr 2023 im 1. HJ 2024 wieder deutlich an, die Anzahl der Transaktionen verlief weitgehend seitlich.
  • Der Verhandlungserfolg über den Gesamtmarkt stieg auf durchschnittlich 20,01% an (ohne Erstbezüge)
  • Das Angebot an frei finanzierten Mietwohnungen sinkt seit nunmehr 18 Monaten dramatisch, sodass dies deutliche Auswirkungen auf die künftige Preisbildung haben wird. Als Folge steigen die Mieten auch deutlich stärker als die Inflation. Im Segment kleinerer neuerer Mietwohnungen sind schon heute Mietansätze von EUR 16 – 18 / m² nicht ungewöhnlich.

Wie an dieser Stelle üblich werfen wir an dieser Stelle wieder einen strukturierten Blick auf die zentralen Treiber der künftigen Marktentwicklung:

  • Entwicklung von Angebot und Nachfrage
  • Künftige Inflation
  • Entwicklung des Finanzierungsumfeldes

Angebot/Nachfrage:
Die Nachfrage nach Wohnraum dürfte in den kommenden Jahren stark ansteigen, denn Wien wächst um rund 20.000 Menschen p.a. (Quelle: https://www.wien.gv.at/statistik/publikationen/bev-prog-2023-zusammenfassung.html). Hieraus dürfte sich ein Mehrbedarf von rund 3.000 – 5.000 Wohnungen im frei finanzierten Segment ergeben. Das Neuangebot dürfte hingegen deutlich zurückgehen. Expertenschätzungen variieren zwischen 15% und 30% weniger Fertigstellungen im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr 2023. Hierbei dürften wir von rund 2.000 – 4.000 Wohnungen weniger als im Vorjahr sprechen.

Besonders dramatisch ist der Rückgang im Bereich der frei finanzierten Mietwohnungen, wo das Angebot in den letzten beiden Jahren um 85% zurückgegangen ist.

Inflation:
Für 2024 wird von der ÖNB in der aktuellen Prognose eine Inflation im Ausmaß von 3,4% prognostiziert, welche sich in den Lohn- und Gehaltssteigerungen ebenso wie in den Bestandsmieten Mieten 2025 bemerkbar machen dürften.

Entwicklung Finanzierungsumfeld:
Speziell für das Segment der Eigentumswohnungen sind Zinsen und im geringeren Umfang die KIM-VO entscheidend. Leider sind diese beiden Parameter auch nach wie vor die „Spaßbremsen“ für die weitere Entwicklung des Abverkaufssegments. Hoffnung gibt die Tatsache, dass die Zinsentwicklung von der EZB auf Basis der mitunter deutlich niedrigeren Inflationsraten im restlichen Europa entschieden wird, wogegen die Mieten an die höhere österreichische Inflation gekoppelt sind.

In unserem Bericht zum 1. Quartal schrieben wir an dieser Stelle, dass die tatsächlich erzielten Kaufpreise im ersten Halbjahr nominell stabil seitwärts verlaufen und auch der Investmentmarkt noch einige Monate eher ruhig bleiben würde, wogegen wir im 2. Halbjahr 2024 geringfügig steigende Nominalpreise und eine merkbare Wiederbelebung des Investmentmarktes erwarten.

Hinsichtlich des 2. Quartal sollten wir weitgehend recht behalten und auch für das 2. Halbjahr bleiben wir bei unserer Prognose. So gehen wir auch weiterhin von stark steigenden Mietpreisen, stabilen bis (nominell) leicht ansteigenden Kaufpreisen und einer Wiederbelebung des Investmentmarktes aus.

Disclaimer:
Der gegenständliche Bericht dient zur Information über die Entwicklungen auf dem Wiener Wohnungsmarkt und ist nicht als Aufforderung für Miet- oder Kaufentscheidungen zu verstehen. Für die Richtigkeit der veröffentlichten Werte wird keine Haftung übernommen. Eine Revision der Werte ist jederzeit möglich und erfolgt typischerweise quartalsweise. Die im Bericht skizzierten Prognosen geben die Erwartungen von IMMO Analytics und Ihrer Organe wieder.

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